
Best Practice: Braumann Tiefbau
Die Braumann Tiefbau GmbH ist ein auf den grabenlosen Leitungsbau spezialisiertes Tiefbauunternehmen mit Hauptsitz in OÖ, Antiesenhofen. Zusammen mit 3 Standorten in West- und Ostdeutschland sowie in der Schweiz umfasst die BrauMannschaft ca. 200 MitarbeiterInnen. Vor ca. 10 Jahren wurde im Zuge einer neuen Strategieentwicklung unter anderem auch eine neue Richtung im Betrieblichen Gesundheitsmanagement eingeschlagen. Die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der MitarbeiterInnen zu fördern und nachhaltig das Gesundheitsbewusstsein in dieser männerdominierenden Branche zu stärken war und ist unser Ziel. Die Vorgaben lt. ArbeitnehmerInnenschutzgesetz waren im Sinne unserer Unternehmenskultur nicht ausreichend für ein optimales Gesundheitskonzept im Betrieb. Das Angebot der österreichischen Gesundheitskasse, nämlich eine Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) im Betrieb zu implementieren, kam hier zur richtigen Zeit und wurde somit in das Gesundheitsmanagement aufgenommen.


Diese neue freiwillige Strategie zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz war zwar von der Geschäftsführung ein gut gemeinter Ansatz, aber die MitarbeiterInnen auch tatsächlich von der neuen (Gesundheits-)Richtung zu überzeugen, erwies sich allerdings als große Herausforderung. Erste Umsetzungen von Maßnahmen wie das Angebot der AUVA „BauFit“ wurden von den Facharbeitern anfangs belächelt, da sich die Arbeiter beim „Turnen“ auf der Baustelle lächerlich vorkamen. In den Köpfen herrschte eher noch die Einstellung, dass „starke Männer“ keine Ausgleichsübungen vor und nach schweren körperlichen Arbeiten brauchen. Nichtsdestotrotz instruierte und betreute hierzu ein Sportwissenschaftler die einzelnen Partien auf den Baustellen und nach ersten Widerständen machten dann doch alle mit. Heute sind sie (und deren Rücken) dankbar für Tipps zum richtigen Tragen und Heben.
Das BGF-Projekt „Gesunde BrauMannschaft“ wurde im Februar 2014 mit dem ersten BGF-Gütesiegel belohnt. Der Aufwand davor war groß, es wurden Umfragen erstellt, Workshops und Steuerungsgruppen zur Maßnahmenermittlung in den verschiedenen Bereichen gegründet. Damit konnten die Anforderungen und die „wahren“ Bedürfnisse der BrauMannschaft ermittelt und zum Großteil auch sofort beziehungsweise laufend umgesetzt werden. Zu den Fitness-Maßnahmen zählen unter anderem die „Bewegte Pause“, welche dienstags und donnerstags den BüromitarbeiterInnen angeboten wird. Bis heute werden diese 15-minütigen Pausen sehr geschätzt und gut besucht. Dazu extra ausgebildete gesundheitsverantwortliche MitarbeiterInnen zeigen Dehnungs- und Ausgleichsübungen zum sitzenden Büroalltag. Weiters wurden diverse Sportgruppen für verschiedene Interessens- und Leistungsgruppen gegründet. Nach Dienstschluss wird ganzjährig einmal in der Woche für einen im Vorfeld vereinbarten Laufbewerb gemeinsam trainiert (Braumann Runners). Im Sommer werden regelmäßig Radtouren, oder die eine oder andere Route für das Nordic Walking organisiert. Zuletzt wurde auch eine Tischtennisgruppe gegründet sowie eine wöchentliche Yogastunde ins Sportprogramm mitaufgenommen.
Gemeinsame Laufbewerbe (Wings for Life, VCM, diverse Business Runs etc.) inkl. Training stärken die Gemeinschaft und fördern die Motivation zur Teilnahme an den Lauftreffs. Die Coronapandemie behindert derzeit leider diese Aktivitäten.


Mittlerweile haben wir zum dritten Mal den Antrag für das BGF-Gütesiegel gestellt. Das Gütesiegel hat eine Gültigkeit von 3 Jahren und um eine Nachhaltigkeit zu gewährleisten, muss dieses immer wieder neu beantragt werden, was unseres Erachtens auch sinnvoll und für eine Nachhaltigkeit zielführend ist. 2019 bewegte unsere Teilnahme an der Aktion „BGF-Games“ von der Gesundheitskasse einen übergewichtigen, gesundheitlich angeschlagenen Mitarbeiter mit einem Training zu beginnen. Er startete langsam und steigerte stetig seine Trainingseinheiten. Dieser Mitarbeiter wurde unser „Sportler des Jahres 2019“- er hat in einem Jahr 30 kg abgenommen und sein Gesundheitszustand hat sich schlagartig verbessert.
Dies sind nur einige wenige Beispiele aus unserem Maßnahmenplan. Fakt ist, dass hinter jedem Gesundheitsmanagement ein Projektteam stehen muss, das motiviert und engagiert an die Sache herangeht. Bevor man jedoch zu Maßnahmen greift oder Angebote erstellt, müssen die MitarbeiterInnen im Vorfeld davon überzeugt werden, dass jeder selbst für die eigene körperliche und geistige Gesundheit verantwortlich ist.



Unsere 5 wichtigsten Faktoren für erfolgreiches Gesundheitsmanagement im Betrieb
1. Kommittent/ Motivation und Engagement der Geschäftsführung:
Die GF inkl. sämtlicher Führungskräfte (Abteilungsleiter, Teamleiter etc.) müssen hinter dem Projekt stehen und sollten vor allem eine Vorbildwirkung zeigen. Das Thema „Gesundheit“ darf nicht nur schriftlich im Leitbild oder in der Firmenphilosophie stehen, sondern muss authentisch sein und „gelebt“ werden.
2. Interne Ressourcen:
- Internes, verantwortliches Personal: Es muss ein verantwortliches Projektteam im Betrieb bestimmt werden, das bereit ist, den entsprechenden Zeitaufwand, die Organisation, die Koordination (Schnittstelle zu internen und externen Verantwortlichen) neben dem täglichen Arbeitspensum zu übernehmen.
- Budget: Es muss von der GF ein Budget zur Verfügung gestellt werden, um das Projekt dementsprechend umsetzen zu können. Es muss einem Betrieb bewusst sein, dass ein erfolgreiches Gesundheitsprojekt auch Kosten und finanziellen Aufwand bedeutet. Hier muss man jedoch hinzufügen, dass es der (finanzielle und zeitliche) Aufwand wert ist – man wird, sofern man das Projekt strukturiert angeht, auf jeden Fall im Sinne des Wohlergehens und Gesundheit seiner MitarbeiterInnen entschädigt.
3. Externe Ressourcen:
Ohne externe Ressourcen, d. h. ohne das Netzwerk des BGF bzw. des Betriebl. Eingliederungsmanagement (fit2work) würde eine Implementierung eines Gesundheitsmanagements im Betrieb nicht funktionieren, da keiner in unserer Branche auf dieses Thema geschult ist bzw. niemand die Strukturen, die für ein erfolgreiches Gesundheitsmanagement vom Bund/Land geschaffen wurden, kennt. Speziell bei der Implementierung, aber auch bei laufenden Projekten, wie z. B. bei einem wiederholten Antrag für die BGF-Gütesiegelverleihung oder für die Umsetzung von Maßnahmen im Zuge des fit2work-Projekts sind die externen BeraterInnen von diversen Institutionen wie ÖGK, AUVA, PVA und vielen mehr unbedingt als Unterstützung oder zur Hilfestellung erforderlich.
4. Bereitschaft der MitarbeiterInnen/ Partizipation
Das Angebot eines Gesundheitsmanagements im Betrieb heißt nicht automatisch, dass alle MitarbeiterInnen sofort hellauf begeistert sind und sämtliche Angebote bzw. Maßnahmen nutzen. Darum ist es immer wieder wichtig, seine MitarbeiterInnen zu befragen: Was brauchen sie für ihre Gesundheit? Welche Maßnahmen und welche Angebote sind erwünscht bzw. erforderlich? Jeder Betrieb tickt anders. Wir müssen im Baugewerbe einerseits auf die körperlichen schweren Arbeitstätigkeiten draußen am Bau und andererseits auch auf die Bedürfnisse des Büropersonals eingehen. In der Coronazeit hat sich z. B. herausgestellt, dass viele MitarbeiterInnen psychisch mit der Situation nicht umgehen konnten. Wir haben hier reagiert und unsere Angebote dementsprechend angepasst. (Anm: im Bedarfsfall Einzelcoachings, ABC Coaching, Einzelgespräche mit externen BeraterInnen, Vorträge vom Arbeitspsychologen etc.)
5. Zeit:
Es erfordert beträchtliche Zeit, bis sich das Thema Gesundheit bzw. ein Gesundheitsmanagement in den Köpfen der MitarbeiterInnen verankert hat.
(Anm.: Bei uns hat es fast 5 Jahre gedauert, bis das Thema angekommen ist. Heute, nach 10 Jahren, schätzt (fast) jeder MA unser Engagement für das Betriebl. Gesundheitsmanagement und möchte es nicht mehr missen.)
Man braucht viel Geduld und einen langen Atem.
Mein Tipp an alle Betriebe: Nicht aufgeben – unbedingt dran bleiben! Es ist vorteilhaft sich auf den Personenkreis zu konzentrieren, der motiviert hinter dem Projekt steht und Interesse zeigt – und nicht auf diejenigen, die jegliche Angebote verweigern, denn das erzeugt Frust und man beginnt das Projekt infrage zu stellen. Hält man jedoch durch, wird irgendwann jeder „Gesundheitsmuffel“ vom Vorteil eines Gesundheitsmanagements im Betrieb überzeugt.
Zusammenfassend können wir zum jetzigen Zeitpunkt mit fester Überzeugung sagen, dass sowohl der/die MitarbeiterIn als auch das Unternehmen von einer Implementierung eines BGM sehr profitieren. Weniger Krankenstände, geringere Fluktuation, hohe und motivierte Arbeitsbereitschaft sowie positives Feedback der BrauMannschaft (nach Umfragen und auch persönlich) bestätigen unsere Strategie.